• Schloss Babelsberg – Sechs Delfine für Wilhelm und Augusta

    Die Rekonstruktion der Wasserspeier am Jubiläumsbrunnen am Schloss Babelsberg ist abgeschlossen.

    Potsdam – Ein bisschen Glück gehöre beim Bronzegießen immer dazu, sagt Wilfried Hann. Der Kunstgießer aus Altlandsberg östlich von Berlin steht auf der Voltaire-Terrasse am Schloss Babelsberg und blickt zufrieden auf den Jubiläumsbrunnen mit den sechs kleinen Delfinköpfen, aus deren Mäulern das Wasser plätschert. Neben ihm steht Emily Elsholz. Die 22-Jährige ist Hanns „Lehrlingsdame“, wie er sie nennt. Für die Delfinköpfe hat sie mit Hann gemeinsam die Formen hergestellt und sie schließlich in der Werkstatt gegossen. „Ich wollte, dass sie sieht, wie hoch hier in Potsdam die Wertschätzung für die Dinge ist, die sie bei mir lernt.“

    Zwölf mal zwölf Zentimeter groß sind die wasserspeienden Delfine des Brunnens von 1854. Dass sie jetzt rekonstruiert werden konnten und seit ein paar Tagen den Brunnen zieren, verdankt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) aber nicht nur der Arbeit von Hann und Elsholz, sondern auch der Spende von Ira Schwarz und Dieter Mann. Beide sind Mitglieder der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten. „Auf unseren Spaziergängen hier im Park haben wir nach und nach mitbekommen, wie die alte Pracht zurückgekehrt ist“, erzählt Mann. Gemeinsam mit Stiftungs-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh hätten sie eine Frühjahrs-Führung im Park gemacht. „Und da hat er so nett über den Brunnen gesprochen.“ Die Delfinköpfe jetzt daran zu sehen, sei für ihn und Schwarz ein i-Tüpfelchen. Manns Lebensgefährtin Schwarz muss lachen. Ein wenig habe Dorgerloh schon mit dem Zaunpfahl gewunken, gibt sie zu. „Ich war aber auch schon immer ein Delfin-Fan.“

    Brunnen, Babelsberg, Ira Schwarz, Unternehmerin, Spende

    Munteres Plätschern. Der Jubiläumsbrunnen auf der Voltaire-Terrasse von Schloss Babelsberg ist fertig rekonstruiert – mit sechs kleinen Delfinköpfen aus Bronze, die Wasser speien. Foto: Andreas Klaer

    Die Wiederherstellung kostete einen fünfstelligen Betrag

    Schwarz gehört seit Mitte der 1990er-Jahre die Persius-Villa gegenüber dem Stadthaus. Sie hatte das Haus renoviert, musste aber damals mit dem von ihr dort eröffneten Floristik-Geschäft wieder ausziehen, weil der Boden des Grundstückes mit Chemikalien belastet war. Erst 2012 gab es in den Räumen der Villa die erste Ausstellung nach der Sanierung, ein Jahr später zog dort Wolfgang Joop mit dem Wunderkind-Shop ein. „Ich war immer mit Potsdam verbunden“, sagt Schwarz. Nun ist sie das auch durch den Brunnen im Park Babelsberg. Wie hoch die Summe ist, die Schwarz und Mann gespendet haben, wollen sie nicht verraten. Insgesamt habe die Wiederherstellung des Brunnens aber einen Betrag im fünfstelligen Bereich gekostet, heißt es von der SPSG.

    2016 war er – allerdings noch ohne Delfinköpfe – im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms für die preußischen Schlösser und Gärten wieder errichtet worden. Der Brunnen wurde 1854 anlässlich der Silberhochzeit von Prinz Wilhelm und Prinzessin Augusta von Preußen als Geschenk aufgestellt. Damals war auf der Spitze des sechseckigen Brunnens eine 86 Zentimeter hohe Heroldsfigur in altdeutscher Tracht, die in der linken Hand eine Fahne mit den Daten der Hochzeit des Paares und der Silberhochzeit trug. In der rechten Hand des aus bronziertem Zinkguss gefertigten Herolds war ein Becher. An seinem Sockel standen drei musizierende Knaben. Alle vier Figuren sind seit dem Kriegsende 1945 verschwunden.

    Der Architekt entwarf auch den Flatowturm

    Der Entwurf des Brunnens stammt von Architekt Johann Heinrich Strack, der auch das Matrosenhaus im Park Babelsberg und den Flatowturm entwarf. Der ausführende Bildhauer war Ludwig Wilhelm Wichmann. Von ihm stammen auch die sich umarmenden Amor und Psyche im Park Sanssouci.

    „Wir sind froh, dass das Wasser in Babelsberg wieder da ist“, sagt Generaldirektor Dorgerloh. Der Brunnen füge sich nun in die Wasserspiele ein, die den Park Babelsberg für die Besucher so spannend machen. Ein bisschen anders, als auf den alten Aquarellen aus der Zeit von Prinzessin Augusta ist das Sprühbild des Brunnens aber schon. Weniger schäumend kommt das Wasser aus den kleinen Mäulern. Eine größere Menge würde sie schneller verstopfen lassen – und die Besucher würden nass. Von 10 bis 18 Uhr speien die Delfine deshalb nur gemäßigt ihr Wasser in den Brunnen.

    Kunstgießer Hann und Elsholz sind mit ihrer Arbeit zufrieden. Die Delfine seien für ihn eine Verbindung zwischen Altlandsberg und Potsdam. Schön regelmäßig und eben sind die Köpfchen geworden. Das könne man im Vorhinein nie genau wissen. Und eben das sei das kleine Stück Glück, das man beim Gießen nicht beeinflussen könne.

    Autor: Valerie Barsig
    Quelle: TAGESSPIEGEL Potsdamer Neueste Nachrichten

  • 2001 bis 2005 – Die Gartenträume

    Jahrzehntelang ging Ira Schwarz ihrer Leidenschaft für schön gestaltete Gärten vor allem im privaten Rahmen nach. Doch Ende der 90er Jahre entwickelt sie erste Pläne für ein außergewöhnliches Geschäft rund um den Garten in Potsdam. Kennengelernt hatten Ira Schwarz und ihr Lebensgefährte Dieter Mann das Konzept 1998 in New York – und waren sofort begeistert. Genau so ein Laden fehlte auch in Potsdam! Lange suchen beide in der Region nach einer geeigneten Location, bis ihnen klar wird, dass der passende Rahmen für das Geschäft längst gefunden ist.

    Kurz nach dem Tod ihres Mannes hatte Ira Schwarz eines seiner Herzens-Projekte in die Hand genommen und in der Potsdamer Innenstadt, direkt gegenüber vom Rathaus, das Palais Am Stadthaus erworben sowie die Restaurierung durch Dieter Mann beauftragt. Die historische Villa, zwischen 1874 und 1876 entstanden, umfasst unter anderem eine 200 Quadratmeter große, lichtdurchflutete Remise im Hof. Ein perfekter Standort für die Potsdamer „Gartenträume“!

    Doch es blieb noch viel zu tun, bevor 2001 Eröffnung gefeiert werden konnte. Mit Leidenschaft und Sachverstand machen sich Ira Schwarz und Dieter Mann auf die Suche nach schönen Dingen für das neue Geschäft. An den verschiedensten Orten und auf vielen Messen werden unter anderem Gießkannen, Blumentöpfe, Gartenmöbel und Vogelhäuschen begutachtet – nur die schönsten Objekte finden Eingang ins Sortiment der „Gartenträume“. Auch der Hof des Palais Am Stadthaus erfährt eine Verjüngungskur, es werden Buchshecken und fünf weiße Rosenbögen gepflanzt, der Hof mit Kies bestreut und zwei fachkundige Mitarbeiterinnen eingestellt.

    Nach einer erfolgreichen Eröffnung mit 500 geladenen Gästen entwickelt sich das Geschäft rasch zu einer festen Anlaufstelle für Gartenfreunde. Neben dem Tagesgeschäft finden jährlich vier große Events statt: Frühlings-, Rosen- und Erntedankfest sowie die festliche Weihnachtszeit bescheren Geschäft und Garten regelmäßig unzählige Besucher. Dazwischen sorgen besondere Themenwochen und -dekorationen für Aufmerksamkeit. So inszeniert Ira Schwarz in ihren Räumlichkeiten beispielsweise die Ausstellung „Citrus“, in der sich alles um bemaltes Geschirr, Kochbücher, Zitronenbäumchen und passende Exponate aus dem Botanischen Museum Berlin dreht.

    2005 sind die „Gartenträume“ jedoch ausgeträumt. Aufgrund eines Gutachtens, wonach der Boden unter dem Gelände aus DDR-Zeiten kontaminiert ist, muss das Geschäft schließen. Es folgen aufwändige Sanierungs-Jahre, in denen das Grundstück bis zum Grundwasser ausgehoben wird. Erst sieben Jahre später kann dort wieder ein Geschäft eröffnen. Statt Gartenaccessoires wird im Wunderkind Store von Wolfgang Joop nun Mode verkauft.

  • Ira Schwarz und die Liebe zum Garten

    „Ich liebe es, zu schnippeln, zu schneiden und zu stutzen, immer schon“, erzählt Ira Schwarz im Buch „Mein Garten, meine Zuflucht, mein Leben“ über das Haus Quitte und ihren Garten in Kühlungsborn. Die Möglichkeit, sich bewusst auf einem eigenen Stück Land auszuprobieren, eröffnet sich für die Gartenliebhaberin erstmals Mitte der 70er Jahre, als sie mit Mann und drei Söhnen aus der Markstraße in Reinickendorf in das Dahlemer Atriumhaus des Architekten Franz Mocken (1913-1973) einzieht.

    Der umliegende, detailliert geplante Garten wird fortan von Ira Schwarz gehegt und gepflegt. Ihre eigenen Gartenträume kann sie hier jedoch noch nicht umsetzen, schließlich soll der Park im Sinne Mockens erhalten werden. 1985 beginnt sie, ihre Leidenschaft zu professionalisieren. Damals besucht Ira Schwarz einen Kurs an der English Gardening School in London. „Damals lernte ich von Grund auf das Garten-Einmaleins“, erinnert sie sich. Ein Wissen, dass in den folgenden Jahren theoretisch und praktisch ausgebaut wird.

    Als Ende der 80er Jahre der Umzug in die neue, von Hans-Jochen Schwarz prächtig restaurierte Villa am Wannsee folgt, bekommt Ira Schwarz jede Menge zu tun. Umgeben ist das Gebäude in der Colonie Alsen von einem 8000 Quadratmeter großen Park. Zur Unterstützung des alten Gärtners wird für ein Jahr ein junger Auszubildender aus England eingeflogen, der jedoch noch jede Menge Unterstützung braucht. Ira Schwarz entwirft einen ausgeklügelten Plan zur Pflege des riesigen Gartens und beaufsichtigt alle Arbeiten und Fortschritte sorgfältig. Immer wieder reist sie außerdem selbst nach England, um sich neu inspirieren zu lassen.

    1998 reift in Ira Schwarz der Gedanke, ihre Begeisterung für Gärten und deren Gestaltung auch an Außenstehende weiterzugeben. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Dieter Schwarz, der ihre Leidenschaft teilt, besucht sie in der New Yorker Bronx die Garden Sculpture & Antiques Fair Sowie ein einzigartiges Gartengeschäft in Midtown. Die vielfältigen Eindrücke lassen sie nicht mehr los und es steht fest: So einen Laden möchte auch Ira Schwarz eröffnen.

  • Die DDR öffnet Tür und Tor

    Die DDR öffnet Tür und Tor

    Ira Schwarz’ Verwunderung am Tag der Maueröffnung ist ein gutes Beispiel dafür, wie unerwartet die Wendung in der DDR-Politik kam. Auf ihrer Fahrt nach Reinickendorf sorgt bereits ein gut gelaunter Trabbifahrer dafür, dass Ira ins Staunen gerät. Ihre Frage „Wo kam der denn so plötzlich her?“ beantworten ihr die Kollegen mit Champagner – denn die Mauer steht nun kurz vor ihrem endgültigen Fall.

    Ira Schwarz bekommt ein Stück Erinnerung zurück

    Bereits kurze Zeit später denkt sie an das Grundstück ihrer Großmutter in Kühlungsborn, dass sie bei ihrer Flucht aus der DDR hinter sich lassen mussten. So fährt sie im Jahr 1990 das erste Mal wieder in ihren Heimatort und muss mit Enttäuschung feststellen, dass ihr Erbhaus in der Zwischenzeit stark verfallen ist. Das gleiche Schicksal haben fast alle Häuser in Kühlungsborn erlitten, denn die Politik des Ostens machte die Stadt zu einem überladenen Urlaubsort und gleichzeitig zu einer stark überwachten, potentiellen Fluchtgefahr aufgrund der Ostsee-Lage.

    Obwohl Ira Schwarz anfänglich noch kein großes Interesse an einem Ferienhaus verspürt, geht man Renovierungsarbeiten an. Um die Strukturen des niederdeutschen Hallenhauses zu retten, ist die Restauration auch bitter nötig. Langsam werden Dach, Mauern und Lehmboden mühevoll wieder instand gesetzt.

    Ein Schicksalsschlag

    Schlagartig verändert der Flugzeugabsturz von Hans-Jochen Schwarz und vier Freunden in Südafrika den gewohnten Lauf der Dinge. Mit einer einmotorigen Sportmaschine gerät die Gruppe über Sambia in ein Gewitter und stürzt ab, weil sie das Leitwerk verliert. Die Maschine musste bereits ein Jahr zuvor wegen eines Motorschadens stehen gelassen werden. Innerhalb weniger Tage muss Ira Schwarz so fünf Beerdigungen beiwohnen.

    Das abrupte Ableben ihres Ehemannes sorgt auch dafür, dass die Firma GRG vor einem Wendepunkt steht. Die Konkurrenz evaluiert bereits die Möglichkeiten und es sind Entscheidungen gefragt. Zusammen mit ihrem Sohn Stephan, der schon zwei Jahre in der Geschäftsleitung tätig ist, nutzt Ira Schwarz ihre eigene Erfahrung beim Aufbau der Firma, wenn sie entscheidet: „Es geht weiter“. Ihre unternehmerische Veranlagung – und der Wille sich durchzusetzen – entspringen sicher auch dem Kampfgeist ihrer Mutter.

    Um die Firma mit nun 2.600 Mitarbeiter in sichere Bahnen zu lenken, muss schnell Verantwortung übernommen werden. Denn auch wenn Ira Schwarz in groben Zügen über die Strukturen des Unternehmens Bescheid weiß, hatte den kompletten Überblick bis zum Schluss nur Hans-Jochen Schwarz. Zusammen mit einem schon vor Jahren gegründetem Beirat gelingt es trotzdem, das Familienunternehmen zu bewahren und damit die schwierigen Zeiten zu meistern.

    Das Haus, der Mann, die Kinder

    Neben dem Mühen um die Firma lernt Ira Schwarz in dieser Zeit auch ihren jetzigen Lebensgefährten kennen, den Architekten Dieter Mann. Es folgt ein Hausbrand und eine Schenkung – im Sinne der Familientradition also wieder fordernde Zeiten und große Aufgaben.

  • Das Leben in Berlin

    Das Leben in Berlin

    Das Atriumhaus in Dahlem, in das die fünfköpfige Familie Schwarz im Jahr 1973 einzieht, hat ein besonderes, architektonisches Kennzeichen – von dem zentralen Raum in der Mitte des Anwesens gehen alle anderen Räume ab. Die teilweise zum Himmel offene Struktur im Mittelpunkt des Flachbaus aus Backstein wurde entworfen und gebaut vom Architekt Franz Mocken, dessen Erben dieses einzigartige Wohnkonzept direkt an die Familie Schwarz verkaufen.

    Zwei Mal Grenzerfahrung für Ira Schwarz

    Ira Schwarz engagiert sich während dieser Zeit nicht nur unternehmerisch, sondern auch auf sozialer Ebene im „German American Women Club“. Ihr Interesse an einer Mitgliedschaft speist sich auch aus der internationalen Nachbarschaft, in der viele Amerikaner leben. Für zwei Jahre ist sie die Präsidentin der 400 Frauen, die sich in den Bereichen Theater-, Literatur- und in Kochgruppen karitativ einbringen. Dies führt zu  vielen neuen Freundschaften und einem Besuch in Washington, bei dem Ira Schwarz das Oval Office besuchen darf.

    Im Winter 1987 dann trägt es sich zu, dass Hans-Jochen Schwarz bei einem Spaziergang eine Neuentdeckung macht, die einen weiteren Umzug einleitet. Bei einem Ausflug über den gefrorenen Wannsee sieht er zum ersten mal die Colonie Alsen – eine Sommervillenkolonie, die 1863 vom Bankier Wilhelm Conrad gegründet wurde – und dabei verguckt er sich in eine Villa aus dem Jahr 1913.

    In typischer Bauweise reicht dort der Garten bis an die Wasserkante und es ergibt sich so ein prächtiger Blick auf den kleinen Wannsee. Da das Gebiet in unmittelbarer Nähe zur DDR liegt, gibt es zunächst noch kein großes öffentliches Interesse an den ehrwürdigen Gebäuden. Hans-Jochens Wunsch nach dem Haus wird trotzdem umgesetzt und die Villa Schritt für Schritt renoviert. Als die Mauer später fällt, entwickelt sich die Gegend schließlich zu einem der begehrtesten Wohngebiete der Stadt.

    Die Restauration des Garten nach Originalvorlagen liegt dabei ausschließlich in der Hand von Ira Schwarz. Nach der Fertigstellung werden die Mühen und der Erfolg des Projekts auch belohnt, als der Bundespräsident Richard von Weizsäcker das Grundstück besucht.

    Ein Gewinn und ein Verlust

    Der Mauerfall führt Iras Weg bald zurück an die Orte ihrer Kindheit, was nach all der turbulenten Politik des 20. Jahrhunderts gar nicht selbstverständlich ist. Zusätzlich erfährt sie auch einen schmerzlichen Verlust, auf den sie schließlich mutig reagiert.

  • Ein aufregender Neustart

    Ein aufregender Neustart

    Ihre Flucht aus Kühlungsborn kommentiert Ira Schwarz bescheiden: „Ich war nur traurig darüber, dass ich meine Ostsee nicht mehr hatte.“ In ihrer neuen Heimat an der Spree liegt nichtsdestotrotz eine aufregende Zeit vor ihr, in der sie auch ihren späteren Ehemann Hans-Jochen Schwarz kennen lernt. Mit ihm wird sie dort auch schließlich Fuß fassen.

    Die ersten Schritte

    Wie in den bisherigen Städten begründete Ira Schwarz’ Mutter den Neustart in Berlin mit der Gründung eines weiteren Friseursalons. Ira selbst absolviert in dieser Zeit ihre Fachhochschulreife. Darauf aufbauend macht sie eine Ausbildung zur Immobilienkauffrau und lernt Hans-Jochen Schwarz kennen. Eine kurze Zeit später heiraten sie.

    Das florierende Unternehmen, das Hans-Jochen Schwarz von seinem Vater geerbt hat, wird für die beiden erstmal der berufliche und lokale Mittelpunkt des Lebens. Das Reinigungsunternehmen – später umbenannt in die heutige GRG. Die Gebäudereiniger – zählt zu dieser Zeit bereits rund 500 Mitarbeiter und wächst beständig. Sie beziehen gemeinsam eine Wohnung über den Firmenräumen im Bezirk Reinickendorf. Ira arbeitet auch noch tatkräftig in der Firma mit, als 1965 ihr erster Sohn Stephan auf die Welt kommt. In einer Tragetasche nimmt sie ihn von den Wohnräumen aus mit in ihr Büro.

    Es geht weiter für Ira Schwarz und Familie

    Neben der Familiengründung beginnt Ira Schwarz, ihrem Mann bei dem Aufbau des Standorts in Hamburg zu unterstützen. Ganz in der unternehmerischen Tradition ihrer Mutter wird in Hamburg zu dieser Zeit auch das erste Wohn- und Geschäftshaus erworben, mit dem sie ihre selbstständige Tätigkeit in der Immobilienwirtschaft einleitet.

    Nach den folgenden Geburten der Söhne Dirk und Heiko entscheidet sich die nun fünfköpfige Familie, nach Dahlem umzuziehen. Im Jahr 1973 beziehen sie ein ganz besonderes Gebäude in Dahlem – und zwar ein Atriumhaus des Architekten Franz Mocken.

    Ein Leben voller Wendungen

    Die Ereignisse der folgenden Jahre bringen unter anderem einen weiteren Umzug, wie auch einen tragischen Todesfall, der vieles verändern wird.

  • Von Rostock nach Berlin West

    Von Rostock nach Berlin West

    Durch die Diskriminierung des unternehmerischen Elans der Mutter im Friseursalon festigte sich der Entschluss, Rostock den Rücken zuzukehren. Ira Schwarz hatte bis dahin einen Teil ihrer Ausbildung im Internat in Altenburg verbracht – wurde nun aber in die Fluchtvorbereitungen mit eingebunden. Alles spielte sich ab im Jahr 1958, also kurz vor dem Mauerbau 1961.

    Schritt für Schritt gen Freiheit

    In ihren Tagebucheinträgen zeichnet die damals 14-jährige Ira Schwarz ein detailliertes Bild ihrer Flucht aus der bisherigen Heimat. Die Mutter bereitet den Übergang schließlich haargenau vor und sucht sich Unterstützung bei Freunden, um den Verdacht der „Republikflucht“, und die damit verbundenen Strafen, von ihrer Familie abzulenken. In vielen Fußmärschen tragen sie das Hab und Gut der Familie in Körben aus dem Wohnhaus in ihr Ferienhaus. Dort werden die Sachen dann in einzelnen Päckchen auf befreundete Nachbarn verteilt, die sie einzeln abschicken müssen, da das Senden von Paketen mit einer Ausweiskontrolle verbunden ist. Ira Schwarz beschreibt diesen Prozess als „unvorstellbar“ – natürlich auch durch den kontinuierlichen Druck, nicht aufzufallen.

    Vorsicht ist besser als Nachsicht

    In einzelnen Bahnfahrten wird das Gepäck von Mutter und Tochter aus Rostock nach Berlin transportiert. Da hier ebenfalls die Menge und die Größe der Koffer begrenzt ist, steht die Familie wieder vor einer großen Herausforderung. Ein Mal kommt es tatsächlich zu einer Kontrolle durch einen Grenzbeamten, der sie kurz vor der letzten Haltestelle dazu auffordert, ihre Taschen zu öffnen. Nur durch ein falsches Signal und die verfrühte Abfahrt der Bahn umgehen die beiden die Kontrolle und überstehen so unbeschadet die Fahrt nach Berlin.

    Iras Flucht nach Berlin

    Auf ihrer letzten Fahrt nimmt schließlich ein Freund der Familie Ira Schwarz und ihre Mutter mit seinem Auto über die Grenze nach Berlin. Der Vater legt die Strecke getrennt auf dem Motorrad zurück, um keinen Verdacht zu erwecken. Für Ira ist die Fahrt mit dem Auto der Höhepunkt der Flucht und sie beschreibt eindrucksvoll den Druck, den dauerhaft bei der Autofahrt verspürt. Grenzkontrollen evozieren Beklemmung und der dichte Nebel vor der Großstadt wird zum letzten Spannungsmoment, bis sie endlich in West-Berlin ankommen. Der Vater hat den Grenzübergang auch gemeistert und wartet bereits auf sie in der Wohnung.

    Hauptstadtfeeling

    Mit der letzten Flucht beginnt für Ira Schwarz eine neue Zeit in Berlin, die erneut viele interessante Begegnungen und Wendungen beinhaltet. Ein eifriger Geist kommt nur schwer zu Ruhe – und so ereignet sich auch in ihrer neuen Heimatstadt wieder viel Neues.

  • Ein neuer Friseursalon und aus Kindheit wird Ernst

    Ein neuer Friseursalon und aus Kindheit wird Ernst

    Am 22. Dezember 1944 erblickt Ira Schwarz in dem kleinen Seebad Graal-Müritz die Welt. Schon die Geburt ist von einem Schicksalsschlag gezeichnet, der typisch für ihre Generation ist – ihr Vater fällt wenige Wochen vor ihrer Geburt; nur wenige Monate vor der Kapitulation des Dritten Reichs.

    Neuaufbau durch starke Frauen

    Nach ihrer Flucht aus Riga beweist die Mutter an diesem Punkt Unternehmergeist und investiert in eine neue Familienexistenz, indem sie einen neuen Friseursalon in Kühlungsborn eröffnet. Die kleine Ostseestadt liegt nur 50 Kilometer von Ira Schwarz’ Geburtsort entfernt. Dort wird sie die nächsten Jahre aufwachsen. Neben dem neuen Geschäft findet ihre Mutter auch einen neuen Mann – Erich Hohensee.

    Über ihn erweitert sich die Familie auch um die verwitwete Großmutter Olga Voss, die das Haus Quitte (Hyperlink) zu dieser Zeit noch allein bewirtschaftet. Die tiefe Verbundenheit von Ira Schwarz’ zu dem Gebäude zeigt sich auf vielen Fotos, auf denen sie spielend beim Haus zu sehen ist.

    Ein Stückchen Heimat für Ira Schwarz

    Auf den 12.000 Quadratmetern ist allerdings nur wenig von der Idylle und Gartenatmosphäre der Gegenwart zu spüren. Die Hochzeit ihrer Eltern ist wird begleitet von Löwenzahnsuppe und Kaninchenbraten, was in der entbehrungsreichen Nachkriegszeit ausreichen musste. Neben der hart arbeitenden Großmutter prägte Ira Schwarz auch die Arbeit ihrer Mutter, die bald merkt, dass sie sich mit ihrem Friseursalon in Kühlungsborn eingeengt fühlt.

    Bei einer allgemein-konservativen Haltung der Kühlungsborner Gemeinde fühlt sich die Mutter fortschreitend unwohl, da dort sogar ein modischer Hut kritisch aufgenommen wird. Daher nutzt sie auch direkt die Chance, als ihr ein Laden in Rostock angeboten wird. Zu dieser Zeit, mit 150.000 Einwohnern, zumindest eine der größten deutschen Seestädte. Eine Bereitschaft zu unternehmerischem Tatendrang, die Ira Schwarz zweifellos auch prägt und sich in vielerlei Hinsicht in ihrem späteren Handeln abzeichnet.

    Der wachsende Einfluss der SED

    Das fokussierte Wachstum Rostocks ist dabei durchaus gezielt gelenkt von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Von der SED wurde zu dieser Zeit entschieden, die Stadt zu einer „Magistrale“ mit dem wichtigsten Hafen für die DDR auszubauen. Durch das gesteigerte Interesse gerät Iras Mutter und der Erfolg ihres Salons in den Fokus einer Nachbarin, die sich als bemühte Kommunistin und SED-Parteimitglied an den Mühen der Familie stört.

    Erneut auf der Flucht

    Als Resultat der sich zuspitzenden Lebensumstände innerhalb der DDR-Stadt Rostock, entscheidet sich Iras Mutter erneut für eine Flucht aus einer politischen Extremsituation. Ziel ist Berlin –  und der Weg über die Grenze wird abenteuerlich.

  • Eine Familiengeschichte

    Eine Familiengeschichte oder Nur 7000 Kilometer bis zum nächsten Friseur

    Das 20. Jahrhundert ist geprägt von dem turbulenten Weltgeschehen, das den Menschen in und um Europa viel abforderte. Politische Extremzustände – und die daraus resultierenden Weltkriege – waren prägende Lebensbedingungen für die Individuen dieser Zeit; so auch für die Familie von Ira Schwarz.

    Iras Geschichte ist dabei gezeichnet vom Lebensweg ihrer Mutter Natalie Benson, deren Weg vom weit entfernten Baikalsee über Lettland schließlich nach Deutschland führt. Als geschäftstüchtige Unternehmerin eröffnet ihre Großmutter, wie auch später ihre Mutter, in jeder Stadt einen neuen Friseursalon und unterstützen so die Familie in den nicht immer einfachen Zeiten.

    Entscheidungen tragen ihre Spuren

    Bereits die Anfänge der Familie sind gezeichnet von den Krisen der Moderne. Im Jahr 1918 entscheiden sich die Großeltern von Ira Schwarz, mit ihrer Mutter aus der Heimatstadt Tschita am Baikalsee zu fliehen. Da der Ort in der Nähe der mongolischen Grenze liegt, ist das eine Reisestrecke von über 6000 Kilometer bis zum ersten längeren Zwischenstop in Moskau.

    Im Vergleich: selbst mit aktuellen Zugverbindungen wäre dies noch eine Reise von über vier Tagen. Im Russland nach der blutigen Oktober-Revolution natürlich ein Wagnis von größerem Ausmaß.

    Der Zwischenstop in Moskau wird bedingt durch eine Scharlacherkrankung der Kinder. Die Reise geht schließlich weiter über fast 1000 Kilometer in die lettische Hauptstadt Riga, in der Freunde die Familie empfangen und aufnehmen

    Unternehmerin, Flüchtende und Mutter

    Nachdem die Familie über 7000 Kilometer zurücklegte, wird sie durch eine neue politische Fügung endlich belohnt – den Staaten Estland, Litauen und natürlich Lettland gelingt die Unabhängigkeit von der jungen Sowjetunion. In dieser Zeit eröffnet Großmutter Benson ihren ersten Friseursalon in Riga; die Stadt, die sie liebevoll „Paris des Ostens“ nennt. Ihre Mutter Natalie erlernt dort ebenfalls den Beruf des Friseurs und die Familie erarbeitet sich durch ihren Unternehmergeist einen bescheidenen Wohlstand.

    Der Beginn des 2. Weltkriegs ändert erneut die Lebensumstände und die nun schwangere Mutter Natalie flüchtet schließlich mit dem Schiff über die Ostsee und kommt trotz eines russischen Fliegerangriffs sicher in Mecklenburg an. Die vier Söhne einer Cousine haben nicht so viel Glück und gehen nach dem Treffer eines russischen Torpedos mit dem Flüchtlingsschiff „Wilhelm Gustloff“ in der Nordsee unter. Ein Verlust, der sie ihr Leben lang zeichnen wird.

    Das nächste Kapitel: Ira Schwarz

    In Nazideutschland, kurz vor Kapitulation, kommt es schließlich zur Geburt Ira Schwarz’ und einem neuen Abschnitt in der Familiengeschichte, der genauso ereignisreich ist, wie der bisherige Werdegang.